about me

arbeitet am liebsten zu hause, holt sich weisheit aus unangenehmen situationen, kennt ihre prioritäten, hat eigene logik die für unverständlichkeit sorgt, lernt ständig, braucht humor, leicht am wasser gebaut, hat auffallende ticks, will gesund bleiben, kämpft mit ihrer ordnung, hinterfragt ihre menschlichkeit, überprüft ihre werte täglich, mag kein small talk, kunst ist nicht an erste stelle, spricht mit ihrem ego mit entspannter stimme,

Ivana KRALJ’s künstlerisches Spektrum reicht von Zeichnung, Malerei und Skulptur bis hin zu Fotografie, Performance und Installation. Sie studierte erst figurative Plastik an der Universität für angewandte Kunst bei Gerda Fassel und später Skulptur und Multimedia bei Erwin Wurm und experimentierte an den Schnittstellen.

Sowohl ihre Zeichnungen als auch ihre Arbeit an der Plastik lassen die der menschlichen Figur verpflichteten Recherche deutlich erkennen – Kralj macht den Körper zu ihrem zentralen Sujet.

Der Körper als etwas Mystisches, Besinnliches gepaart mit seiner dichten ‘Fleischigkeit’. Sujets wie Insekten, Pflanzen, Fleisch, Zellen, Flora und Fauna werden zum Teil simultan transparent oder in ihrer Dichte der Materie dargestellt. Das passionierte Ringen mit der Form lässt ihre Zeichnungen, sowie ihre Skulpturen ausdrucksstark und leise erscheinen. Basierend auf Träumen und Körperwahrnehmungen entstehen sehr freie Arbeiten, mit stark intuitivem Charakter – tiefsinnig – geradezu eine materialisierte ästhetische Manifestation der Sinne.

Kralj setzt sich sehr stark mit Materialien auseinander, enteignet ihnen ihre ursprüngliche Funktion, lotet sie aus, ohne sie aber jemals komplett zu verfremden, verstecken oder negieren. Ein sehr wertschätzender, bewusster, fast verantwortungsvoller Umgang mit dem Material, welcher sich ebenso wertschätzend mit ihrer Auseinandersetzung mit der Figur vereint.

Kralj greift auf Materialen aus ihrem Alltag zurück – auf das Spielzeug ihrer Kinder. Mit Faser- und Buntstiften, Bügelperlen und Fimomasse verwandelt Kralj das Kinderspielzeug in Kunstobjekte.

Die vorgegebene Begrenzung der Bügelperlen-Schablonen, die vorgegebene Farbpalette, sowie die ständige Wiederholung des immer Gleichen irritierte Kralj so stark, dass sie selbst zu den Bügelperlen griff, mit dem Vorsatz das enorme Potenzial derer auszuloten und ihnen eine neue, freiere Sprache zu verleihen.Vorgefundenes alltägliches Material wird so zum Werkzeug und Ausdruck ihrer künstlerischen Bildobjekte, die zwischen Zwei- und Dreidimensionalität variieren.

Kralj experimentiert, entdeckt und interpretiert die Bügelperlen neu. Sie setzt sie teils sehr vereinfacht als grafische Flächen ein oder überlagert sie zu mehreren Schichten, sodass sich das Material selbst, durch die vorgegebene Oberfläche, trotzdem immer wieder neu definiert. Sie spielt mit der Hitze, dem Druck, der Transparanz, der Oberfläche, der Dichte und interpretiert sie so zu etwas ganz Neuem, zu etwas komplett Anderem. Oftmals erinnern sie an innere Organe oder auch Zellwände.

In einem engen Verhältnis zu den Bügelperlen-Objekten stehen ihre winzig feinen, sehr subtile, teils florale, anatomische, detailreiche Skulpturen. Hierfür verwendet Kralj Materialien wie Kalksandstein, Fimo, Textil, Blattgold, Ketten – eine Mischung aus vorgefundenen Objekten und Spielmaterial ihrer Kinder. Beides wird von Kralj so kombiniert, dass sie miteineinander regelrecht kommunizieren und daher untereinander integrierbar, sowie austauschbar sind.

Durch die handgerechte Größe ihrer Skulpturen, die dadurch deutlich dem menschlichen Körper angepasst sind, sowie die Entstehung derer zuhause, in ihrer alltäglichen, häuslichen Umgebung, schafft Kralj eine zusätzliche Intimität in ihrer Betrachtung.

Auch Kralj’s intensive Faser- und Buntstiftzeichnungen spielen mit der Ambivalenz von Transparenz und Dichte. Sie setzen sich aus unendlich vielen frequenzartigen und/oder schuppenartigen Wellenlinien zusammen – vielfarbig – zum Teil gepaart mir kräftig homogenen Farbflächen. Mal limpide, mal sehr dicht aneinandergereihte Muster bilden die Oberfläche ihrer fast mikroskopisch-feinteiligen Zeichnungen, sodass sie fürs äußere Auge regelrecht zum Vibrieren beginnen.

Die Arbeiten stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander; Bereiche, Grenzen, Zwischenräume von Privatem und Öffentlichem, die Beziehungen zwischen den Gegenständen, Grundstrukturen des Seins, der Wirklichkeit – Kraljs Gesamtwerk fragt nach den Grundstrukturen der Realität, einer verwobenen und voneinander beeinflussten Realität.

Ihnen liegt ein transzendentales räumliches Schema zugrunde, in dem die Begriffe, Bereiche und Grenze jedoch nicht räumlich, sondern geistig zu verstehen sind.

Jeder der Bereiche ist durch die spezifische Möglichkeit der Erkenntnis und Erfahrung, die in ihm gegeben sind charakterisiert und definiert.

Kralj gelingt es in ihren Arbeiten scheinbar Unverbindliches zu verbinden und eben nicht nur visuell – da wo sinnliche Erkenntnis und Lust in der Überkomplexion und Fiktionalität der gegenwärtigen Gesellschaft verloren geht – findet Kraljs Gestaltungssprache ihren Ausdruck.

Kraljs Kunst ist nicht abstrakt, nicht idealistisch, sondern konkret-figurativ und materialistisch, eine Konsequenz des Informellem im Figuralen.

Text: Anne-Marthe Muller